Poniatowa nicht mehr „LGBT-ideologiefreie Zone“

Pressemitteilung LSVD

Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf und LSVD Berlin-Brandenburg begrüßen 30-jähriges Bestehen der Städtepartnerschaft

Bild: Mustafa Makinist / PixabayBild: Mustafa Makinist / Pixabay

Am 30.08.2019 verabschiedete der Stadtrat von Steglitz-Zehlendorfs polnischer Partnergemeinde Poniatowa einen Beschluss über das „Entgegentreten der Verwaltung und Gremien gegen die Verbreitung der LGBT-Ideologie“. Die Gewalt gegen queere Menschen nahm in ganz Polen zeitgleich zu. In den europäischen Medien war von sogenannten „LGBT-ideologiefreien Zonen“ die Rede, nachdem eine große Zahl polnischer Gebietskörperschaften solche Beschlüsse verabschiedet hatte. Etliche Kommunen kündigten daraufhin ihre Städte- und Kreispartnerschaften mit Polen. Auch Steglitz-Zehlendorfs Bezirksamt erklärte, die Beschlusslage sei so nicht hinnehmbar. Die damalige Bezirksbürgermeisterin, Cerstin Richter-Kotowski, drückte nach Bekanntwerden des Stadtratsbeschlusses im Namen aller Mitglieder des politischen Bezirksamtes ihr Missfallen in einem an ihren polnischen Amtskollegen gerichteten öffentlichen Brief aus. Von einer Aufkündigung der Partnerschaft wurde allerdings vorerst abgesehen und der Weg eines kontinuierlichen Dialogs gewählt.
 
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Berlin-Brandenburg nahm sich in Kooperation mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Berlin der Sache an. Beide unterstützten den Bezirk in der Kommunikation mit seiner Partnergemeinde Poniatowa. Webmeetings mit Betroffenen aus Poniatowa wurden organisiert, Petitionen und Bürgerbriefe auf den Weg gebracht und eine gemeinsame Resolution verabschiedet. Der damalige Bezirksstadtrat Michael Karnetzki führte Gespräche vor Ort.
 
Nach einer tiefgehenden Abwägung gab sich die Stadt Poniatowa schließlich im März 2023 einen neuen, deutlich inklusiver gefassten Grundlagenbeschluss zum Verwaltungshandeln. Darin heißt es jetzt an zentraler Stelle, dass das Selbstbestimmungsrecht eines jeden einzelnen Menschen zu achten ist. Diese Klarstellung ist vor allem auch dem Engagement der polnischen Aktivist*innen aus der Organisation Lublin Pride, dem Einsatz des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf und einer klaren Aufstellung der Europäischen Union zur Respektierung von gesellschaftlichen Grundwerten bei der Vergabe europäischer Finanzmittel zu verdanken.
 
Hierzu erklärt die Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, Maren Schellenberg: „Unsere polnischen Städtepartnerschaften liegen uns ganz besonders am Herzen, auch jene mit Poniatowa. Deswegen war es stets unser Anliegen, auf die aus der Interpretation grundlegender Menschenrechte entstandenen Missverständnisse hinzuweisen und diese auch auszuräumen. Mit überzeugenden Werten und dank eines starken bürgerschaftlichen Engagements ließ sich damit unsere deutsch-polnische Städtepartnerschaft auf ein festes Fundament stellen.
 
Dr. Markus Löw, Mitglied im Vorstand des LSVD Berlin-Brandenburg, ergänzt: „Der partnerschaftliche Austausch mit Polen ist auch der queeren Community in Deutschland ein Anliegen. Wir freuen uns, dass die Städtepartnerschaft mit Poniatowa dank des intensiven zivilgesellschaftlichen Engagements von Bürger*innen in Deutschland und Polen eine Zukunft hat. Gemeinsam zogen wir grenzüberschreitend an einem Strang für unsere europäischen Werte. Der Einsatz hat sich gelohnt. Das gilt für Poniatowa, Steglitz-Zehlendorf und die queere Community an beiden Orten.