Scheitert die Bildung einer schwarz-gelben Koalition aufgrund der unterschiedlichen Ansichten zur rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften?

(Berlin, 08.10.2009) Der Berliner Vorsitzende des Arbeitskreises der Lesben und Schwulen in der Union, Eike Letocha, äußerte in einem Namensartikel auf www.CDU-Politik.de seine Gedanken zu den derzeit stattfindenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP, den rechtlichen Stand eingetragener Lebenspartnerschaften in Deutschland, Werte die in diesen Partnerschften gelebt werden und die Probleme die es bei der politisch Linken mit diesen Werten gibt.

Scheitert die Bildung einer schwarz-gelben Koalition aufgrund der unterschiedlichen Ansichten zur rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften?
Eine provokante Frage in den Raum gestellt, die sich sicherlich nicht bewahrheiten wird. Die Verhandlungen haben gerade erst begonnen, aber dieses Thema wird bereits von linker Seite mit Nachdruck in den Medien lanciert. Als Homosexueller sollte ich mich eigentlich geehrt fühlen, dass sexuelle Orientierung eine so große Rolle auf der bundespolitischen Ebene spielt. Oder eher nicht? Kann es nicht vielmehr so sein, dass genau dieses Thema immer nur dann so gerne von Politikern genutzt wird, um einen grundsätzlichen Richtungsstreit zu provozieren. Genau das sollte man meiner Meinung nach unterlassen, dazu ist das Thema zu wichtig.

Zu oft habe ich als Vorsitzender des Arbeitskreises der Lesben und Schwulen in Berlin gehört, dass wir aufgrund unserer sexuellen Orientierung doch “links” sein müssen. Finde ich immer wieder spannend, welche Gedanken sich die Menschen doch so um “uns” in der Union machen!

In Lebenspartnerschaften werden Werte gelebt und wird Verantwortung übernommen

Und ich erkläre dann immer wieder gerne, dass Lesben und Schwule, die in einer Lebenspartnerschaft leben, Verantwortung innerhalb einer Beziehung füreinander übernehmen und somit selbstverständlich auch Werte leben – Werte, die für die Union das Fundament unserer Gesellschaft bilden. Von Unions-Seite hört man dann oftmals, aber Ehe und Familie müssten (laut Artikel 6 unseres Grundgesetzes) geschützt werden.

Richtig, dieser besondere Schutz darf nicht in Frage gestellt werden. Aber dies soll eben auch für eingetragene Lebens-partnerschaften gelten.

Bisher konnte mir noch niemand erklären, warum eine kinderlose Ehe rechtlich und steuerlich bessergestellt werden soll als eine eingetragene Lebenspartnerschaft. In der heutigen Gesellschaft, die gerade in Großstädten zunehmend mit Single-Haushalten zu tun hat, sollten wir uns doch über das Zusammenleben von zwei Menschen, die sich lieben und dementsprechend auch füreinander einstehen möchten, freuen.

Gleichstellung bislang nur bei den Pflichten

Wir haben ja heute bereits die Gleichstellung erreicht – leider nur was die Pflichten betrifft! Beispielsweise muss der eine Lebenspartner für den Lebensunterhalt des anderen aufkommen, wenn dieser arbeitslos wird. Auf der anderen Seite fehlt beispielsweise die rechtliche Gleichstellung für verpartnerte Bundesbeamte vollständig. Ebenso gibt es weiterhin keine vollständige Gleichstellung bei der Erbschaftssteuer.

Wenn man sich anschaut, was seit der Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 alles getan wurde, so muss man anerkennen, dass sich alle politischen Parteien, gerade auch die Union bewegt haben.

"schwul oder lesbisch sein hat nichts mit der Ablehnung traditioneller Strukturen zu tun"

Mittlerweile wird zunehmend erkannt, dass die sexuelle Orientierung nichts mit einer bestimmten Wertehaltung zu tun hat. Homosexualität sucht man sich nicht aus und sie hat auch nichts damit zu tun, dass man die Ehe ablehnt oder keine Kinder haben will. Schwule und Lesben haben nur deshalb lange auf der linken Seite gestanden, weil man ihnen in der Gesellschaft keinen Platz angeboten hat.

Aber auch die Linke unterlag einem Missverständnis: schwul oder lesbisch sein hat nichts mit der Ablehnung traditioneller Strukturen zu tun. Aber diese Angst grassiert bis heute in der Union: Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehung gefährde den Schutz der Ehe, weil diese zerstört würde. Eben nicht! Je enger die Lebenspartnerschaft der Ehe angenähert ist, desto konservativer.

Denn eine Ehe light wie der pacs in Frankreich, der auch Heterosexuellen offensteht oder umfassende Rechte nichtehelicher, nicht registrierter heterosexueller und homosexueller Lebensgemeinschaften wie z.B. in Österreich, dies gefährdet die Ehe – nicht die engere Bindung schwuler und lesbischer Paare.

Linke und eingetragene Lebenspartnerschaft

Außerdem sollte man wissen, dass die Lebenspartnerschaft auf der Linken nicht unumstritten war: dort hatte man eigentlich das Ziel, eine konsequente Entprivilegierung der Ehe zu verfolgen, eine Nicht-Verheiratetenpolitik. Eine Übertragung eines eheähnliches Rechtsinstituts war für die linke Seite zunächst eine Greuel – verlor man doch einen wichtigen Bündnispartner für eine wirkliche Bekämpfung der Ehe. (Artikuliert wurde dies beispielsweise Anfang der 2000er von der PDS.) Genau dies ist auch geschehen. (eal)